Düstere Momente

Die Last der Inflation ging nicht an der Kaiserstraße vorbei. Viele Läden schlossen: während der Unruhen 1920 blieb die Straße von Plünderern nicht verschont. Es erschienen Schupos auf der Straße und sorgten für Ruhe und Ordnung.

 

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Mitte der 40ger Jahre glaubten die Anwohner beim Blick aus dem Fenster ihren Augen nicht zu trauen. Auf der Straße wurden Massen von zerlumpten, krank aussehenden Menschen in Richtung Rickmersstraße getrieben. Es handelte sich um russische Kriegsgefangene, die aus den Viehwaggons an der Schleusenstraße durch die Kaiserstraße in das Lager am „Roterstand“ getrieben wurden.

 

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Eine Bombe fiel beim Großangriff auch auf das Haus Nr. 20. Sie explodierte aber nicht, sondern riss „lediglich“ ein Loch vom Dach durch die Wohnungen hindurch bis hinunter in den Gemüseladen Grafelmann. Die im Keller wartenden Hausbewohner konnten nicht zurück und brachen sich ein Loch in die Wand des Nebenhauses, um so nach draußen zu gelangen.

 

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In der Kaiserstrasse Nr. 32, heute „Bürger“ 202, wohnte im 4.Stockwerk die Jüdische Familie Kirchheimer, Ende der 30ger Jahre flohen die noch lebenden Familienmitglieder nach Amerika.

 

 

Randerscheinungen

Eine der  Randerscheinungen des ersten Weltkrieges: Frauen durften in “Männerberufen” tätig sein. Sie fuhren als Schaffnerinnen in der Linie 3 durch unsere Straße!

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Brauchte man Informationen während des zweiten Weltkrieges, dann ging man zum Kaufmann. Hier konnte man erfahren, wer gefallen oder verwundet war. Zwischen Einkäufen wurden dem Kunden kostenlos die neuesten Frontmeldungen mitgeliefert.

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Wollte man 1946 tanzen gehen, konnte man sich auf einen langen Marsch einrichten, entweder zum Schiffdorfer Damm oder nach Blexen. Sollte es nach Blexen gehen, dann musste man zeitig aufbrechen, weil die Fähre häufig überfüllt war. Die Feuerwehr sorgte dann mit Wasserschläuchen dafür, dass die Fähre nicht überladen ihre Fahrt antrat.

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Beim Einmarsch der Alliierten herrschte allgemeine Erleichterung, dass nun endlich der Krieg vorbei war. Trotz der Ausgangssperre hielten sich die Kinder im Treppenhaus an der Tür auf, um die Truppenvorbeimärsche zu sehen. Mancher Amerikaner legt den Kleinen Weißbrot vor die Tür, das sie dankbar annahmen.

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Bei Dahmer in der Kaiserstrasse wohne der „König der Schwarzhändler“.

Früh um 5 Uhr ging die Klingelei los, es wurde angeboten und gekauft. Beim Handeln spielte die richtige Auswahl eine bedeutende Rolle. Im Wohnzimmer des Schwarzhändlers wurde die Butter für 200 Mark gekauft, und wenn er die 12 Schritte weiter in der Gemeinschaftsküche verkaufte, nahm er schon 400 Mark dafür. Eine wilde Zeit, in der unter dem  Bett Körbe mit Rindfleisch gelagert wurden und einmal sogar ein Schwein in der Badewanne sein Leben lassen musste.